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Präs. BM a.D. WHR i.R. Mag. Dr. Robert Lichal

Präs. BM a.D. WHR i.R. Mag. Dr. Robert Lichal

Urverbindung: Rhaeto-Danubia (23.11.1961)

Bandverbindungen: The, F-B

Geboren: 09.07.1932, Wien
Gestorben: 25.04.2024
Bundesminister (Landesverteidigung), Zweiter Präsident des Nationalrats, Mitglied des Bundesrates, Bundesobmann des ÖAAB, Vorsitzender-Stellvertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Lebenslauf:

AUSBILDUNG UND BERUFSLAUFBAHN

Lichal stammte aus Wien-Meidling, wo er nach der Volksschule die Realschule absolvierte (Erlgasse). Diese –nunmehr ein Realgymnasium – besuchten später auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine politische Kontrahentin, die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Nach seiner Matura im Jahr 1950 trat Lichal als Rechnungsbeamter in den Dienst der Niederösterreichischen Landesregierung. Während dieser Zeit begann er als Berufstätiger nebenbei das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (abs. iur. 1963; Dr. iur. 1965), wo er der Rhaeto-Danubia beitrat (Couleurname Gaius). Diese Verbindung kümmerte sich besonders um berufstätige Studenten.

Nach Beendigung seines Studiums absolvierte Lichal die Gerichtspraxis am Bezirksgericht Wien-Fünfhaus und am Landesgericht für Strafsachen I in Wien. Ebenso wurde er in der Niederösterreichischen Landesregierung in die Verwendungsgruppe A (Akademiker) überstellt und an den Bezirkshauptmannschaften Mödling, Zwettl und Baden bei Wien eingesetzt. Danach war er in der Zentrale im Niederösterreichischen Landhaus im Gemeindeärztereferat tätig und übernahm später die Leitung dieser Abteilung. Mit 1. Januar 1975 wurde er zum wirklichen Hofrat ernannt.

ALS ARBEITNEHMERVERTRETER

Lichal engagierte sich relativ bald bei der Personalvertretung. Damit hing eng auch ein Engagement im Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) und der Gewerkschaft (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Fraktion Christliche Gewerkschafter) zusammen, der er 1964 beitrat. Bereits 1968 wurde er Obmann der Zentralpersonalverwaltung der niederösterreichischen Landesbediensteten, welche Funktion er bis 1986 ausübte. Infolgedessen wurde er dienstfreigestellt. Seit 1969 Wirtschaftsreferent im Vorstand der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) wurde er 1973 zu ihrem Vorsitzenden-Stellvertreter gewählt (bis 1987). Seit 1978 war er auch Mitglied des Verwaltungsrates der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter. 1985 wurde er Bundesvorsitzender der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). Dadurch wurde er Mitglied des Präsidiums des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Diese Funktionen übte er bis 1987 aus.

All das hatte für Lichael auch Auswirkungen im Rahmen des ÖAAB. 1981 wurde er als Nachfolger von Siegfried Ludwig (AW) Landesobmann des niederösterreichischen ÖAAB. 1987 wurde er als Nachfolger von Herbert Kohlmaier (Rd EM) zum Bundesobmann des ÖAAB gewählt. Damit war er auch Mitglied der Bundesparteileitung bzw. des Bundesparteivorstands der ÖVP. Diese Funktion bekleidete er bis 1991. Sein Nachfolger in diesem Amt wurde Josef Höchtl (F-B).

POLITISCHE FUNKTIONEN

Lichals Engagement als Arbeitnehmervertreter hatte auch Auswirkungen auf politische Funktionen. Bei einer Nachwahl wurde er vom niederösterreichischen Landtag zum Mitglied des Bundesrates gewählt, dem er vom 23. Februar 1976 bis zum 4. Juni 1979 angehörte. Dort war er Obmann-Stellvertreter des Rechtsausschusses. 1979 kandidierte er für den Nationalrat, wurde gewählt und gehörte diesem nach Wiederwahlen vom 5. Juni 1979 bis zum 28. Januar 1987 an (Ernennung zum Bundesminister), Er war Obmannstellvertreter des Ausschusses für Innere Angelegenheiten und dort Fraktionsführer der ÖVP. Gleichzeitig war er Sicherheitssprecher der ÖVP. Als solcher meldete er sich häufig zu den Bereichen Sicherheit und Justiz zu Wort. Außerdem war er Ersatzmitglied des Ständigen Unterausschusses des Nationalrats gem. Art. 55 Abs. 3 B-VG. Nach den Wahlen von 1990 gehörte er neuerlich dem Nationalrat vom 5. November 1990 bis zum 6. November 1994 an.

Aufgrund des Nationalratswahlergebnisses von 1986 kam es Anfang 1987 zur Bildung einer Großen Koalition unter Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ). Nach fast 17 Jahren in der Opposition kehrte die ÖVP wieder in die Regierung zurück. Vizekanzler und Außenminister wurde Alois Mock (Nc) und Kanzleramtsminister Heinrich Neisser (Rd). Obwohl Lichal ein Angehöriger der „weißen Jahrgänge“ war (nicht mehr bei der Deutschen Wehrmacht und noch nicht beim Bundesheer), wurde er am 21. Januar 1987 zum Bundesminister für Landesverteidigung ernannt. Eine seiner wichtigsten Vorhaben war u. a. die Verankerung des Milizsystems sowohl im Bundesverfassungsgesetz (Art. 79 Abs. 1) als auch im Wehrgesetz. Darüber hinaus initiierte er dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen bei den Kasernen („Kasernen-Milliarde“). 1989 führte er das Militär-Verdienstzeichen ein.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit eskalierte innerhalb der ÖVP die sog. Draken-Affäre. Es war vorgesehen, daß die in Schweden bestellten Kampfflugzeuge Saab-Draken auf dem steirischen Fliegerhorst Zeltweg stationiert werden. Dieser wurde nur militärisch genutzt, lag strategisch ideal (zentral in Österreich und durch die Alpen geschützt) und wurde dahingehend ausgebaut. In einer maßlosen Selbstüberschätzung und Realitätsverweigerung opponierte die steirische Landesregierung unter Landeshauptmann Josef Krainer jr. (AIn EM) gegen dieses Vorhaben, und die steirischen ÖVP-Abgeordneten beantragten im Nationalrat sogar ein Mißtrauensvotum gegen den eigenen Minister, das klarerweise abgelehnt wurde. Lichal setzte sich durch, die Draken kamen nach Zeltweg, später dann die Eurofighter. Vier Jahre später, bei Beginn des Jugoslawienkrieges 1991, war man auch in der Steiermark froh, daß das Bundesheer Überschalljagdbomber besaß.

Im Dezember 1989 wurde Lichal vorgeworfen, bei der Schweizer Firma Oerlikon zu überhöhten Preisen Übungsmunition für die von ihr produzierten und im Bundesheer verwendeten 3,5 cm Flak-Geschütze angeschafft zu haben. Es entstand ein Korruptionsverdacht einer illegalen Parteispende an die ÖVP. Lichal rechtfertigte sich damit, daß das wesentlich günstigere Konkurrenzangebot die Ausschreibebedingungen nicht erfüllt hätte. Die Staatsanwaltschaft begann Ermittlungen wegen Amtsmißbrauchs und Untreue, die aber im Dezember 1990 eingestellt wurden. In diese Affäre waren auch der damalige Sekretär Lichals, der spätere Vizekanzler Michael Spindelegger (Nc), sowie der Vertreter der Firma Oerlikon in Österreich, Walter Schön (Pan), involviert.

Lichal war dadurch politisch beschädigt und gab nach den Nationalratswahlen im Herbst 1990 das Amt des Verteidigungsministers an Werner Fasslabend ab. Ein Jahr später war dieser dann beim Jugoslawienkrieg gefordert. Lichal hingegen wurde am 5. November 1990 unter Protesten der Opposition zum Zweiten Präsidenten des Nationalrats gewählt, welche Funktion er eine Legislaturperiode bis zum 7. November 1994 bekleidete. In dieser Position erwarb er sich allgemeines Ansehen. Danach ging er in den Ruhestand.

Lichal, der eigentlich Schauspieler am Burgtheater werden, wollte, war durch seine kantigen Auftritte bekannt geworden. Er erhielt u. a. die Spitznamen „Stahlhelm“ und „Revolverhofrat“, mit denen er durchaus kokettierte. Er „nahm als Polit-Pensionist an vielen staatlichen und parlamentarischen Festveranstaltungen teil, verbreitete stets gute Laune und wurde von vielen politischen Funktionsträgern aller Parteien menschlich sehr geschätzt. Er wirkte stets sehr authentisch, was viele für ihn einnahm. Er war ein ‚Polterer‘ mit Augenzwinkern und viel Humor. Lichal war in Teilen der ÖVP und vor allem im CV sehr beliebt, ich erinnere mich an stürmische Begrüßungen auf Kommersen und an manch donnernden Applaus während seiner und nach seinen Festreden.“ (Heinz Hafner)

Lichal war auch Ehrenphilister der MKV-Verbindung Austria Purkersdorf und starb im 92. Lebensjahr. Sein Onkel war der ÖCV-Ehrenringträger Franz Lichal (Rd). Seine Cousins waren Franz Josef Lichal (Rg), Sohn des Ehrenringträgers, sowie Walter Lichal sen. (Rd). Dessen Sohn wiederum ist der ehemalige ÖCV-Rechtspfleger Walter Lichal jr. (Rd).