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LSth. Abg. z. NR a.D. Dr. Rudolf Kopf

LSth. Abg. z. NR a.D. Dr. Rudolf Kopf

Urverbindung: Traungau (15.10.1912)

Geboren: 15.05.1890, Altach (Bezirk Feldkirch, Vorarlberg)
Gestorben: 18.11.1971, Bregenz
Aus dem ÖCV ausgeschieden, Landesrat (Vorarlberg), Nationalratsabgeordneter, Landtagsabgeordneter (Vorarlberg), Landesobmann VdU (Vorarlberg), Landesbeamter (Vorarlberg)

Lebenslauf:

HERKUNFT, AUSBILDUNG UND BERUFLICHE LAUFBAHN

Kopf wurde als Sohn eines Stickers geboren. Nach dem Besuch der Volksschule bis 1904 besuchte er das Gymnasium in Feldkirch, wo er 1911 maturierte. Dort trat er 1909 der katholischen Pennalie Clunia bei (er wurde nach 1945 als Mitglied gestrichen). Anschließend leistete er das Einjährig-Freiwilligenjahr beim 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger (Ergänzungsbezirk Trient) ab und begann danach das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz, wo er dem Traungau beitrat (Couleurname Rolf). Im Wintersemester 1913/14 war er Fuchsmajor.

Anfang August 1914 wurde Kopf zum 1. Regiment der Tiroler Kaiserjäger eingezogen und war im westlichen Galizien im Raum von Tarnow eingesetzt, wo er am 21. Oktober 1914 verwundet wurde. Nach einer Rekonvaleszenz wurde er im Frühjahr 1915 an der Südtirolfront im Rahmen des XX. Korps („Edelweißkorps“) eingesetzt, dessen Kommandant der damalige Thronfolger und spätere Kaiser Karl war. Nachdem Kopfs Wunde wieder aufbrach, wurde er ab Herbst 1916 felddienstuntauglich erklärt und tat Dienst in der Etappe (letzter Dienstgrad Oberleutnant der Reserve; Auszeichnungen: Große Silberne Tapferkeitsmedaille 1. Klasse, Karl-Truppenkreuz). Gleichzeitig konnte er ab dem Wintersemester 1916/17 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck (dort Dr. iur. 1918) weiterstudieren und das Studium im Frühjahr 1918 beenden.

Nach dem Krieg trat Kopf Anfang 1919 in den Dienst der Vorarlberger Landesregierung und war zuerst an der Bezirkhauptmannschaft Bregenz und dann im juristischen Dienst der Landesregierung tätig (letzter Dienstgrad vor 1938 Landesregierungsrat).

KOPFS ROLLE IM NATIONALSOZIALISMUS

Obwohl Kopf ursprünglich überzeugter Monarchist bzw. kaisertreu war, wandelte sich nach 1919 seine Einstellung hin zu der Überzeugung für einen Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. Dies geschah damals im Rahmen der sog. „demokratischen Anschlußbewegung“. Nach 1930 sympathisierte er zunehmend mit den Nationalsozialisten. Noch vor dem Verbot der NSDAP im Frühjahr 1933 vertrat er bereits die Meinung, daß die CVer in diese Partei eintreten müßten, „um dort Einfluß zu gewinnen“. Er ist auf jeden Fall vor 1938 der NSDAP beigetreten und war damit „Illegaler“. Offiziell wurde zwar sein Parteieintritt mit 1. Mai 1938 angegeben (Mitglieds Nr. 6,251.756). Dieses Datum täuscht insofern, da mit diesem alle „Illegalen“ nach dem Anschluß registriert wurden.

In der Nacht vom 11. auf dem 12. März 1938 wurde Kopf für die kommissarische Landesregierung das Amt des Landeshauptmanns angeboten, was er aber ablehnte. Nach Zureden durch Freunde und Bekannte ließ er sich jedoch überreden, als Nachfolger von Alfons Troll (R-B) das Amt des Landesstatthalters (Landeshauptmannstellvertreters) zu übernehmen. Angeblich soll er deswegen zugestimmt zu haben, um Harald Eberl (Burschenschaft Germania Innsbruck, Rechtsanwalt in Bregenz) zu verhindern.

Obwohl Vorarlberg in den Gau Tirol eingegliedert wurde, blieb es als selbständiger Verwaltungskörper bestehen, an dessen Spitze nun Kopf stand. Für diese Zeit wurde seitens zahlreicher CVer und anderer Personen nach 1945 bestätigt, daß er ihnen geholfen habe, u. a. von Lorenz Emil Konzett (Cl) und Max Riccabona (Trn). Von dem Historiker Lothar Höbelt wurde er als „milde-gütiger Illegaler“ bezeichnet. Ebenso erhielt er den Beinamen „Herz-Jesu-Nazi“. In der Folge kam es jedoch zu einem Zerwürfnis mit dem Tiroler Gauleiter, und Kopf wurde als Regierungsdirektor in den Sudetengau nach Aussig (nunmehr Ústí nad Labem) abgeschoben.

Nach Kriegsende war Kopf eine zeitlang im Anhaltelager Lochau bei Bregenz inhaftiert. Im Zuge der Entnazifizierung wurde er aber als „minderbelastet“ eingestuft und entlassen, da er keine Parteifunktionen ausübte. Als Versehrter des Ersten Weltkriegs (Stufe III) wäre er auch nicht „sühnepflichtig“ gewesen. Er wurde jedoch von der Landesregierung entlassen und war zeitweise ohne Einkommen.

KOPFS ROLLE BEIM VERBAND DER UNABHÄNGIGEN

Aufgrund seiner persönlichen Lage so wie seiner Einstellung fand Kopf den Weg zum Verband der Unabhängigen (VdU), an dessen Gründung er beteiligt war. Er wurde 1948 zum Vorarlberger Landesobmann gewählt, welches Amt er bis Anfang Dezember 1954 bekleidete. 1956 wechselte er nach Auflösung des VdU zur FPÖ, ohne jedoch dort eine Funktion auszuüben.

Kopf kandidierte 1949 für den VdU bei den Wahlen zum Nationalrat, wurde gewählt und gehörte diesem vom 8. November 1949 bis (nach Wiederwahl) zum 14. Dezember 1954 an (Mandatsniederlegung). Ebenfalls 1949 kandidierte er als Spitzenkandidat für den VdU zum Vorarlberger Landtag, wurde gewählt (der VdU erreichte 22 Prozent!) und gehörte diesem vom 25. Oktober 1949 bis 26. November 1954 an. Nach der Landtagswahl des Jahres 1954 wurde er zum Landesrat gewählt und gehörte der Vorarlberger Landesregierung vom 29. Oktober 1954 bis zum 28. Oktober 1959 an. Von 1949 bis 1959 war er auch Bregenzer Gemeinderat. Danach bekleidete er keine politischen Funktionen mehr.

KOPF UND DER ÖCV

Kopf war bereits vor 1938 Mitglied der NSDAP („Illegaler“) geworden und hat somit gegen Beschlüsse des ÖCV verstoßen, was damals mit dem Ausschluß geahndet worden wäre. Aufgrund seiner Einstufung als „Minderbelasteter“ und weil er in der Nazi-Zeit unbestrittenerweise vielen CVer geholfen hat, wurde er nach 1945 von seiner Urverbindung Traungau im Zuge der Entnazifizierung im ÖCV deswegen nicht belangt.

Die Sache wurde erst 1949 virulent, als Kopf Landesleiter des VdU von Vorarlberg wurde und für ihn in den Nationalrat einzog. Bereits am 19. Oktober 1949 befaßte sich erstmals der ÖCV-Beirat mit der Causa Kopf. In den folgenden Monaten wurde eine heftige Debatte zwischen den (und innerhalb der) Verbandsinstanzen des ÖCV einerseits und insbesondere dem Traungau andererseits geführt. Nachdem das Verbindungsgericht der Urverbindung Traungau am 20. Juni 1950 das Verfahren gegen Kopf mangels eines strafbaren Tatbestandes eingestellt hatte, wurde seitens der Verbandsführung – bereits am 15. Juni 1950 – beim Obersten ÖCV-Gericht (OÖCVG) ein Verfahren wegen Säumigkeit des Traungau eingeleitet.

Noch vor einem Urteil zog Kopf die Konsequenzen und erklärte am 7. Oktober 1950, aus dem Traungau auszutreten. Von der Verbindung wurde er aufgrund seines Ansuchens freundschaftlich entlassen. Seitens des Traungau und auch des Vorarlberger CV wurde das als Unrecht empfunden, man verwies auf die häufige Hilfe Kopfs für CVer nach 1938. Das Verfahren gegen Kopf wurde jedoch wegen seiner Mitgliedschaften beim VdU und bei der Schlaraffia aufgrund der entsprechenden Beschlüsse aus dem Jahr 1946 eingeleitet. (Kopf gehörte der Schlaraffia Bregenz seit 1919 an.) Es steht damit in einem formalen Zusammenhang mit dem Verfahren gegen Josef Dobretsberger (Cl). Ähnlich wie später Peter Krauland (ehemals AW) kam Kopf einem Ausschluß durch Selbstaustritt zuvor. Merkwürdigerweise spielte seine NSDAP-Mitgliedschaft und seine relativ hohe Funktion in der NS-Zeit beim Verfahren keine Rolle.

Nachdem Kopf nun 1954 Vorarlberger VdU-Landesrat wurde, glaubte man im Traungau, daß sich die Verhältnisse für eine eventuelle Wiederaufnahme geändert hätten. Am 24. März 1958 teilte der Altherrenverband Traungau dem ÖCV die Wiederaufnahme Kopfs mit. Es blieb aber in der Folge beim Ausschluß, auch die obersten Gremien des ÖCV wurden damit nicht mehr befaßt.

Wie erwähnt wurde Kopf nach 1945 nicht mehr als Mitglied der katholischen Pennalie Clunia geführt. 1920 wurde er Ehrenmitglied der Bregenzer Verbindung (später MKV) Kustersberg, wo er aber bis 1967 als Mitglied genannt wurde. 1911 wurde er Ehrenmitglied der Grazer katholischen Pennalie (später MKV) Markomannia-Eppenstein. Kopf fehlt aber im MKV-Gesamtverzeichnis 1970, dem letzten vor seinem Tod. Er wurde auf dem Bregenzer Friedhof Blumenstraße begraben.


Quellen und Literatur:

Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, S. 292.
Höbelt, Lothar: Von der Vierten Partei zur Dritten Kraft. Die Geschichte des VdU. Graz 1999, S. 80.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 513–515, 519, 577, 591 und 644.
Hagn, Dietmar: Qui ante nos. Biografien der verstorbenen Mitglieder. K. Ö. St. V. Traungau Graz, Landeszirkel Vorarlberg. 1908–2012. Mit einer Einleitung, Mitgliederlisten und Bilddokumentation. Feldkirch 2013, S. 172f.