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Erzbschf. Bds.Min. a.D. Dr. Theodor Kardinal Innitzer

Erzbschf. Bds.Min. a.D. Dr. Theodor Kardinal Innitzer

Urverbindung: Nordgau Wien (01.06.1929)

Bandverbindungen: Walth, Am, BbW, Wl, Aa, Baj, Nc, F-B, A-P

Geboren: 25.12.1875, Neugeschrei (Gemeinde Weipert, Bezirk Komotau, Nordböhmen; nunmehr Nové Zvolání bzw. Vejprty und Chomutov, Tschechien)
Gestorben: 09.10.1955, Wien
Erzbischof von Wien, Bundesminister, Universitätsprofessor (Neues Testament)

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Innitzer wurde als Sohn eines Kleinlandwirts und Fabrikarbeiters geboren. Von 1890 bis 1898 besuchte er das Gymnasium in Kaaden (Kadan) bei Eger (Chéb), trat anschließend in das Wiener Priesterseminar ein und studierte an der Theologischen Fakultät der Universität Wien (Dr. theol. 1906). Nach der Priesterweihe am 25. Juli 1902 war er ein Jahr Kaplan in Preßbaum bei Wien. Danach wurde er Studienpräfekt sowie 1906 Subregens am Wiener Priesterseminar. Während dieser Zeit verfaßte er seine Dissertation.

1908 habilitierte sich Innitzer für Neues Testament an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät. 1910 wurde er Kirchenrektor am Herz-Jesu-Kloster auf der Landstraßer Hauptstraße in Wien, wo nach ihm Ignaz Seipel (Nc EM) wohnte und wirkte. Das blieb er bis 1913, danach zog er in die Habsburgergasse 7. Am 1. Oktober 1911 erfolgte seine Ernennung zum ao. und am 1. Oktober 1913 zum o. Universitätsprofessor dieses Faches in Wien. Er war dreimal Dekan und 1928/29 Rektor der Universität.

INNITZER ALS REKTOR UND BUNDESMINISTER

Während seines Rektoratsjahres verstärkten sich die Aktivitäten des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) erheblich. Innitzer untersagte eine Gedenkveranstaltung auf der Universität aus Anlaß des 5. Jahrestages des Hitler-Putsches, an der sogar der SA-Führer Ernst Röhm hätte teilnehmen sollen. Ein halbes Jahr später, am 1. und 8. Juni 1929, kam es zu mehrfachen Zusammenstößen zwischen dem NSDStB und jüdischen Studenten, woraufhin Innitzer das Tragen des Braunhemds verboten hatte. Daraufhin entstand eine Hetze der Nationalsozialisten gegen ihn, wobei er als Handlanger des „jüdischen Terrors“ bezichtigt wurde.

Vom Nordgau Wien wurde Innitzer gegen Ende seines Rektorats in den Stand eines Ehrenphilisters aufgenommen. Zu dieser Verbindung hatte er über Emmerich Czermak (NdW) Kontakt. Nach der Gründung des Dritten ÖCV im Jahr 1933 wurde der Status des Ehrenphilisters abgeschafft. Die Betreffenden, so auch Innitzer, wurden in den Stand eines Urphilisters überführt. In seinem Rektoratsjahr fand auch die 59. Cartellversammlung unter dem Vorort Norica in Wien statt. Vorortspräsident war damals Karl Fellinger (Nc). Der frischgebackene Ehrenphilister Innitzer nahm an allen Beratungen und Veranstaltungen der Cartellversammlung teil, so auch beim „fröhlichen Ausklang“ in Baden. Der Chronist in der „Academia“ anläßlich Innitzers Ernennung zum Erzbischof berichtet dazu weiter: „Ich erinnere mich noch gut des Augenblicks, als er bei unserm Besuche des Badener Strandbandes als erster in das damals etwas unfreundlich-kühle Wasser sprang, während wir Jungen noch zögernd herumstanden.“

Neben seiner Lehrtätigkeit war Innitzer u. a. an der Organisation des Eucharistischen Weltkongresses 1912 in Wien beteiligt. 1913 wurde er Generalsekretär der Leo-Gesellschaft, 1919 übernahm er die Leitung des Thomas-Kollegs, das ehemalige Höhere Priesterbildungsinstutut St. Augustin (Frintaneum). Darüber hinaus war er Kurator des österreichischen Pilgerhospizes in Jerusalem. Gründer und Präsident der Missionsgesellschaft „Königin der Apostel“

Zu aller Überraschung wurde Innitzer am 26. September 1929 zum Bundesminister für soziale Verwaltung ernannt (Kabinett Schober III), welche Funktion er bis zum 30. September 1930 ausübte. Auf seine Initiative hin wurde in seiner Amtszeit das sog. Kleinrentnergesetz beschlossen. Ebenso bemühte er sich um den Abbau der Arbeitslosigkeit. In diesem Zusammenhang steht wohl auch der Umstand, daß die Schriftleitung der „Academia“ Innitzer gebeten hat, für das Schwerpunktthema Caritas in der Mai-Nummer 1932 das Geleitwort zu schreiben.

INNITZER WIRD ERZBISCHOF VON WIEN

Am 19. September 1932 wurde Innitzer von Papst Pius XI. als Nachfolger von Friedrich Gustav Kardinal Piffl (Wl EM) zum Fürsterzbischof von Wien und Apostolischen Administrator des Burgenlands ernannt, was allgemein positiv vermerkt wurde. Die Bischofsweihe erfolgte am 30. Oktober 1932. Zum Kardinal wurde er am 13. Mäez 1933 kreiert.

Innitzers Amtsantritt als Erzbischof von Wien wie auch als Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz fiel in eine innen- wie außenpolitische Umbruchszeit. In Deutschland übernahm Adolf Hitler die Macht. In Österreich kam es zur Selbstausschaltung des Nationalrates und in Folge davon zur Errichtung des „Ständestaates“ sowie zu zwei Putschversuchen im Februar und im Juli 1934. Er setzte sich für die in im Zusammenhang des Aufstandes vom Februar 1934 zum Tode verurteilten Sozialdemokraten ein und versuchte – allerdings vergeblich – , bei dem damals dafür zuständigen Justizminister Kurt von Schuschnigg (AIn) eine Begnadigung zu erwirken.

Kirchenpolitisch bedeutsam waren auch die Endphase der Verhandlungen zu einem Konkordat und der Abschluß desselben 1933/34. Eine der erstens Höhepunkte seiner Amtszeit war der Katholikentag im September 1933, der u. a. auch zum Gedenken an die Befreiung Wiens 1683 stattfand. Er war als „Allgemeiner Deutscher“, also überregionaler Katholikentag konzipiert, jedoch nahmen wegen der sog. „Tausend-Mark-Sperre“ kaum Katholiken aus dem Deutschen Reich teil. Im November 1933 wurden die Priester von ihren politischen Ämtern abberufen.

Bedeutsam waren auch Innitzers Initiativen auf dem Gebiet der Seelsorge, nämlich die Betonung des Pfarrprinzips sowie die Einführung der Katholischen Aktion (KA) in der Form einer einheitlichen Gliederung in Naturständen in Unterordnung unter die Hierarchie. Hierbei wurde er maßgeblich vom Leiter des Österreichischen Seelsorgeinstituts, Karl Rudolf (Am), und dem Generalsekretär der KA, Leopold Engelhart (Rd), unterstützt. Das geschah mit zeitgleicher Zurückdränung der katholischen Verbände, für die Jakob Fried (Am), der Generaldirektor des Katholischen Volksbundes, die führende Persönlichkeit war.

INNITZER UND DER NATIONALSOZIALISMUS

In die Kritik geriet Innitzer durch seinen Besuch bei Hitler am 15. März 1938 im Hotel Imperial und vor allem durch die Erklärung der Bischöfe zum Anschluß am 18. März. Seine politische Arglosigkeit sowie der Druck seitens der nationalsozialistischen Machthaber haben diese Schritte maßgeblich beeinflußt. Die negative Überbewertung dieser Ereignisse ist aber wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Die Nazis nützten diese Erklärung sowie das Schreiben der Bischöfe („Heil Hitler“) propagandistisch aus, was katholische Kernschichten und Anhänger des „Ständestaates“, die – sofern sie Funktionäre waren – sogar in Haft waren, zutiefst verunsichert hat.

Innitzer bekam bereits im Oktober 1938 die Rechnung serviert. Nach einer so nicht geplanten machtvollen Kundgebung der katholischen Jugend im Wiener Stephansdom am 7. Oktober („Rosenkranzfest“) kam es tags darauf zum Sturm auf das Erzbischöfliche Palais seitens HJ- und SA-Rowdies, im Verlaufe dessen sich Innitzer über einen unterirdischen Gang in den Stephansdom in Sicherheit bringen mußte. Während des Krieges war vor allem die Errichtung der „Hilfsstelle für nichtarische Katholiken“ eine bemerkenswerte Initiative Innitzers, die vielen Menschen das Leben rettete.

INNITZER NACH 1945

Nach dem Krieg war Innitzer am Wiederaufbau tätig. In seiner Amtszeit wurden u. a. in der Diözese Wien 50 neue Pfarren errichtet. Seelsorglich wurde an das KA-Konzept der Vorkriegszeit angeknüpft und im Sinne der Einheitlichkeit weiter verschärft, wodurch es zu Konflikten mit dem CV kam.

Markante Punkte in dieser Zeit waren 1952 die Wiedereröffnung des renovierten Stephansdomes sowie im selben Jahr ein Österreichischer Katholikentag, bei dem Innitzer als Päpstlicher Legat fungierte. 1949 wurde die Leitung der Apostolischen Administratur Burgenland an Josef Schoiswohl (Rd) abgegeben. Gegen seinen Widerstand erhielt Innitzer 1950 einen Koadjutor.

Innitzer pflegte eine herzliche, unkomplizierte und vor allem bescheidene Art. Er fand dadurch Kontakte zu allen Bevölkerungsschichten und war sehr beliebt. In dem Hollywood Spielfilm „Der Kardinal“ nach dem Roman von Henry Morton Robinson unter der Regie von Otto Preminger (1963) wurde Innitzer positiv dargestellt. Seine Roll spielte Josef Meinrad. Im Jahr 1985 wurde in Wien-Döbling (19. Bezirk) ein Platz nach ihm benannt. Innitzer war seit 1932 auch Ehrenmitglied der Katholischen Landsmannschaft Maximiliana.

Innitzer Begräbnis fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt. Neben Staatsvertrag, Eröffnung des Burgtheaters und der Staatsoper war dieses eines der Höhepunkte des an Spektakel reichen Jahres 1955. Er wurde in der Bischofsgruft des Wiener Stephansdoms beigesetzt. Sein Nachfolger wurde Franz Kardinal König (Rd EM).

Werke:

(Auswahl):
Johannes der Täufer. Nach der Hl. Schrift und der Tradition dargestellt (1908, Habilitationsschrift).
Kurzgefaßter Kommentar zu den vier Evangelien (1912ff.).
Kurzgefaßter Kommentar zur Leiden- und Verklärungsgeschichte Jesu (1924).
Die Stimme der Kirche zur sozialen Frage (1946).

Quellen und Literatur:

Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Academia 45 (1932/33), S. 2 und S. 171f.
Czermak, Emmerich (NdW): Der Kardinal als CVer, in: Erzbischof Dr. Theodor Innitzer. „Unser Kardinal“. Ein Erinnerungsbuch, hg. von Karl Mühldorf. Wien 1956, SS. 75–77.
Liebmann, Maximilian (Cl): Theodor Innitzer, in: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon. Hg. von Erwin Gatz. Berlin 1983, SS. 339–343.
Liebmann, Maximilian (Cl): Theodor Innitzer und der Anschluß. Österreichs Kirche 1938 (= Grazer Beiträge zur Theologiegeschichte und Kirchlichen Zeitgeschichte Band 3). Graz 1988.
Bischöfe, Äbte, Pröpste aus dem CV und ÖCV. Hg. vom Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen und vom Cartellverband der katholischen österreichischen Studentenverbindungen. Regensburg–Wien 2009, S. 64–66.