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BM LH Btsch. a.D. Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Karl Gruber

BM LH Btsch. a.D. Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Karl Gruber

Urverbindung: Austria-Wien (06.03.1935)

Geboren: 03.05.1909, Innsbruck
Gestorben: 01.02.1995, Innsbruck
Bundesminister, Landeshauptmann (Tirol), Diplomat

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSILDUNG

Gruber wurde in Innsbruck als Sohn eines sozialdemokratischen Lokomotivführers geboren, war ursprünglich konfessionslos und Mitglied der „Roten Falken“. Seine Mutter war Funktionärin der sozialdemokratischen Landesleitung Tirol. Er absolvierte 1927 die Bundeslehranstalt für Hochbau und Elektrotechnik im Fach Elektrotechnik (Ing.) und trat danach in den Dienst der Post- und Telegraphendirektion Innsbruck.

Nebenbei begann Gruber das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck und setzte dieses in Wien (Dr. iur. 1936) Anfang 1935 fort, wo er der Austria Wien (Couleurname Tarzan) beitrat, nachdem er 1934 zur römisch-katholischen Kirche konvertiert und ab 7. Februar 1935 bei der Post- und Telegraphendirektion Wien beschäftigt war. Nebenher ist er noch wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Politische Ökonomie tätig und wollte eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen.

Dies wurde durch den Anschluß verhindert. Am 31. Mai 1938 wurde Gruber wegen seiner Tätigkeit bei der christlichen Gewerkschaft entlassen, ging dann als Elektroingenieur nach Berlin zur AEG bzw. Telefunken und kam dort in Kontakt mit dem Widerstand um Carl Goerdeler (Gruppe „Blumengarte“). Er leitete in Berlin eine Widerstandsgruppe von ca. 80 Personen und hatte Kontakte zur BBC sowie bis 1941 zur US-Botschaft.

DAS JAHR 1945

Von Allan Dulles, dem Leiter des amerikanischen Abwehrzentrums Zürich, wurde Gruber zum Operationsleiter der Widerstandsbewegung in Innsbruck bestellt (Deckname „Dr. Brand“), so daß er am 12. April 1945 nach Innsbruck zurückkehrte, wo es ihm zusammen mit anderen – u. a. Ludwig Steiner (AIn) – gelang, die Stadt vor Eintreffen der Alliierten von den Nazis zu befreien. Daher wurde er gleich am 4. Mai 1945 von der US-Militärregierung als Landeshauptmann von Tirol eingesetzt, was er bis 20. Oktober 1945 blieb. Gleich nach dem Krieg gründete er in Tirol die Demokratische Staatspartei, die dann bald in der ÖVP aufging.

Gruber war im Jahr 1945 führend in der Gruppe der Landespolitiker außerhalb der sowjetischen Besatzungszone. Ab September 1945 unterstützte er die Provisorische Staatsregierung von Karl Renner in Wien und trat am 26. September in diese als Unterstaatssekretär (einem nunmehrigen Staatssekretär gleichbedeutend) für Äußeres ein. Nach den für die ÖVP erfolgreichen Wahlen Ende November 1945 wurde er in den Nationalrat gewählt, dem er vom 19. Dezember 1945 bis 19. Mai 1954 abgehörte. Am 20. Dezember 1945 wurde er zum Außenminister ernannt

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GRUBER ALS AUSSENMINISTER UND DIPLOMAT

Gruber war nach 1945 die außenpolitisch prägende Figur, dem Bundeskanzler Leopold Figl (Nc) weitgehend freie Hand ließ, und gehörte in den ersten Jahren nach dem Krieg neben diesem und Julius Raab (Nc) eindeutig zu den dominierenden Persönlichkeiten in der ÖVP. Zu seinen ersten Erfolgen gehörte 1946 das sog. Gruber-De Gasperi-Abkommen zum Schutz der Minderheit in Südtirol. Dieses Abkommen wurde aber kritisiert, weil die Region Trient, wo insgesamt die Italiener die Mehrheit hatten, und nicht die Provinz Bozen die Autonomie bekam, was dann später zu teils sogar schweren Konflikten führen sollte (z. B. „Herz-Jesu-Nacht“ 1961).

Gruber hat auch den Staatsvertrag bis 1949 textlich weitgehend vorbereitet und Österreich an das westliche Lager angebunden. Wegen seines prowestlichen Kurses kam er aber in einen Interessenskonflikt mit dem neuen Bundeskanzler Julius Raab. 1953 veröffentlichte Gruber seine Memoiren, in denen er das bisher geheim gebliebene Treffen zwischen Figl und dem KPÖ-Funktionär Ernst Fischer veröffentlichte. Das führte dann zu seinem „Sturz“ als Minister am 26. November 1953. Mit 1. Dezember 1953 wurde er formell wieder als Beamter der Post- und Telegraphendirektion Wien übernommen, wechselte jedoch bereits am 1. Februar 1954 mit der Ernennung zum ao. Gesandten und bev. Minister (Ministerialrat) in den auswärtigen Dienst.

Am 27. Februar 1954 wurde Gruber Botschafter in Washington. Im Januar 1958 wechselte er als Sonderberater zur Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien, was er bis 31. März 1961 blieb. Danach wurde er Botschafter in Madrid, von wo er im Februar 1966 nach Bonn wechselte. Dort war er nur kurze Zeit, denn am 26. April 1966 wurde er von Josef Klaus (Rd) als Staatssekretär für Verwaltungsreform in die Regierung berufen, was er bis 13. Mai 1969 blieb.

Danach ging Gruber wieder als Botschafter nach Washington, von wo er im Oktober 1972 nach Bern wechselte. Dort beendete er seine diplomatische Laufbahn mit der Versetzung in den dauernden Ruhestand am 31. Dezember 1974. Während der sog. „Waldheim-Affäre“ war er aufgrund seiner langjährigen Kontakte zu den USA im Juli 1987 dort als Sonderbotschafter eingesetzt.

1959 wurde er Ehrenphilister der MKV-Verbindung Vindobona I Wien.

Werke:

(Auswahl)
Politik der Mitte (1946).
Zwischen Befreiung und Freiheit. Der Sonderfall Österreich (1953).
Ein politisches Leben. Österreichs Weg zwischen den Diktaturen (1975).
Meine Partei ist Österreich (1988).
Wir über Waldheim, ein Mann, eine Ära im Urteil der Mitbürger (1992).
Reden und Dokumente 1945 bis 1993 (1994).

Quellen und Literatur:

Schober, Richard: Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert. Mit einem Beitrag von Eberhard Lang. Innsbruck 1984, S. 538f.
Wohnout, Helmut (Nc): Mitbegründer der Zweiten Republik. In memoriam Karl Gruber, AW, in: Academia intern 2/1995, S. 15.
facit. Zeitschrift der K. Ö. St. V. Austria, Juni 1997, S. 10–12.
Gehler, Michael: Österreichs Außenpolitik der Zweiten Republik. Von der alliierten Besatzung bis zum Europa des 21. Jahrhunderts. 1 Band. Innsbruck 2005 (passim);
Hartmann, Gerhard: Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 455, 563–567, 577, 586, 607.
Agstner, Rudolf–Enderle-Burcel, Gertrude–Follner, Michaela: Österreichs Spitzendiplomaten zwischen Kaiser und Kreisky. Biographisches Handbuch der Diplomaten des Höheren Auswärtigen Dienstes 1918 bis 1959. Wien 2009, S. 210f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 107f.