Finis Austriae - 11. März 1938

Finis Austriae - 11. März 1938

Österreichischer Cartellverband
Österreichischer Cartellverband
12.03.2018
Sebastian Ecker

Der Österreichische Cartellverband (ÖCV) gedenkt des Finis Austriae vor 80 Jahren, auf dass eine solche Schreckensherrschaft niemals wieder über uns kommt!

Ein paar Fakten zu damals:

- Der CV in Österreich verfolgte bereits ab Anfang der 1920er Jahre eine sehr NS-kritische Linie, welche die Ideologie des Nationalsozialismus ausdrücklich ablehnte.

- Die Rassenlehre der Nationalsozialisten wurde als „Irrlehre“ definiert, weil diese mit christlichen Grundwerten nicht vereinbar ist.

- Angesichts der Nationalsozialistischen Bedrohung fasst der CV, damals noch als Dachverband der österreichischen und der deutschen katholischen farbentragenden Verbindungen, einen klaren und eindeutigen Beschluss, der es allen CVern untersagte, Mitglieder der NSDAP zu werden.

- Führende Politiker des ÖCV und des Christlich-sozialen Lagers setzten das Verbot der NSDAP in Österreich durch.

- Der ÖCV wurde im Juli 1933 als eigenständiger Verband gegründet, weil der CV in Deutschland nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zuerst gleichgeschaltet und danach aufgelöst wurde.

- Die Mitglieder des ÖCV verfolgten ab diesem Zeitpunkt an eine klare politische Linie gegen die NSDAP und gegen einen Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland.

- Viele Mitglieder von ÖCV-Verbindungen wären im März 1938 bereit gewesen, ihre Österreichische Heimat gegen den Einmarsch der deutschen Wehrmacht mit der Waffe zu verteidigen.

- Mit Einmarsch und Anschluss begann sofort eine Verfolgungswelle gegenüber Mitgliedern des CV in Österreich.

- In der Nacht vor dem Anschluss nach dem Rücktritt der Regierung Schuschnigg wurden alle Verbindungshäuser von österreichischen Nationalsozialisten gestürmt und zahlreiches Verbindungseigentum zerstört.

- Die führenden Politiker aus den Reihen des ÖCV wurden sofort verhaftet und viele auch in die Konzentrationslager des Dritten Reiches deportiert.

- Viele weitere ÖCVer wurden wegen ihrer bekannten anti-nationalsozialistischen Gesinnung verhaftet.

- Innerhalb von wenigen Tagen wurden der ÖCV als Dachverband und alle seine Mitgliedsverbindungen aufgelöst und verboten.

- Der Verband und seine Verbindungen wurden enteignet und die Besitztümer und Geldwerte wurden konfisziert.

- Eine Vielzahl von ÖCVern verlor in Folge des Anschlusses Ihre Arbeit oder erhielt Berufsverbot, ausschließlich aus der Tatsache begründet, dass sie Mitglieder des ÖCV waren. Damit wurde in vielen Fällen einer gesamten Familie die Existenzgrundlage entzogen.

- Mehrere ÖCVer feierten mit fast 10.000 katholischen Wiener Jugendlichen und Studenten am 7. Oktober 1938 im Dom zu St. Stephan das sog. „Rosenkranzfest“. Nach der Heiligen Messe entwickelte sich eine spontane Demonstration, in welcher auch der Nationalsozialismus offen kritisiert wurde. Es war die einzige derartige Demonstration zwischen 1938 und 1945.

- Während der NS-Herrschaft entstand am 1. Mai 1940 mit der Verbindung Alpinia Innsbruck aus einer katholischen Widerstandsgruppe eine neue ÖCV-Verbindung, die bis zur Befreiung durch die Alliierten nur im Geheimen existieren konnte.

- Man geht davon aus, dass sich um die 100 ÖCVer in der Zeit zwischen März 1938 und Mai 1945 ÖCV-Verbindungen anschlossen; Verbindungen, die im Untergrund weiterbestanden und unter ständiger Gefahr der Entdeckung durch die Gestapo ein geheimes Vereinsleben weiter organisierten.

- Nach Kriegsausbruch sind viele ÖCVer für das nationalsozialistische Regime ausdrücklich „offiziersunwürdig“, im Gegensatz zu vielen Studenten und Akademikern ohne CV-Mitgliedschaft. Das NS-Regime wollte seine Soldaten keinen prononcierten Regimegegnern anvertrauen.

- Viele ÖCVer traten in Widerstandgruppen ein und bekämpften den Nationalsozialismus mit allen Mitteln, einige von diesen wurden enttarnt und von den Nationalsozialisten teilweise bestialisch ermordet.

- Die ÖCVer Pfarrer Peter Lorenz, Kaplan Hans Spitzer und der Arzt Arthur Lanc gehören zu den „Gerechter unter den Völkern“, die unter Aufsichtnahme höchster Gefahren für ihr eigenes Leben Juden während der Nazi-Zeit versteckten und versorgten und somit vor dem sicheren Tod retteten.

- In der Innsbrucker Widerstandgruppe der O5 hatten mehrere ÖCVer einen großen Anteil daran, dass diese die Tiroler Landeshauptstadt Anfang Mai 1945 selbst befreien und die Soldaten der US-Armee in eine von Österreichern befreite Stadt einziehen konnten. Führender Kopf diese Gruppe war der ÖCVer Karl Gruber, der später Außenminister werden sollte, und auch der spätere Staatssekretär Ludwig Steiner, gleichfalls ÖCVer, übernahm hier eine entscheidende Rolle.

- 26 Mitglieder von ÖCV-Verbindungen wurden Opfer des NS-Terrors.
- Die Zahl der NS-Verfolgten aus dem katholischen Couleurstudententum beläuft sich derzeit auf ungefähr 550 nachgewiesene Personen (Quelle: „Farben tragen, Farben bekennen. 1938-45. Katholische Korporierte in Widerstand u. Verfolgung“).

- Unter diesen finden sich ein Opfer der NS-Euthanasie-Politik im oberösterreichischen Mordschloss Hartheim oder auch ÖCVer, die nicht überleben durften, weil sie auch Sicht der NS-Ideologie keinen arischen Stammbaum vorweisen konnten und über jüdische Vorfahren verfügten.

- Der ÖCVer Pater Franz Reinisch war der einzige Priester, der den Fahneneid auf Adolf Hitler verweigerte und aus diesem Grund hingerichtet wurde.

- Nicht verschweigen wollen wir, dass es auch NS-Belastete aus den Reihen des ÖCV gab, neben einer gewissen Anzahl von Mitläufern auch bedauerlicherweise einige Mittäter. Dazu lassen wir einen Widerstandskämpfer ausdrücklich zu Wort kommen: „Eine hart und energisch durchgeführte Säuberungsaktion hat jene aus unseren Reihen entfernt, die unseren Prinzipien untreu geworden waren und verräterisch ihr CVertum verleugneten. Zum Glück ist ihre Zahl klein und wir vermissen sie nicht. Die Freundschaft für Verräter ist rasch vergessen.“

- Nach der Wiedergründung des ÖCV nach dem Krieg wurde eine Entnazifizierungskampagne im ÖCV durchgeführt, welche die Wiederaufnahme von NS-belastete Mitgliedern verhinderte.

- Im Gegensatz dazu stand z.B. die Integration zahlreicher NS-Belasteter in den Bund Sozialistischer Akademiker (BSA).

- An die NS-Opfer des ÖCV erinnert heute ein Gedenkstein im KZ Mauthausen.

- Im Eingangsbereich des ÖCV-Hauses in der Wiener Lerchenfelder Straße erinnert seit 1988 eine Gedenkstätte an alle ermordeten ÖCVer.

- Zum 150. Geburtstag des CV 2006 in München fand eine Gedenkfeier für die verfolgten und ermordeten Mitglieder des Verbandes in der KZ-Gedenkstätte Dachau mit mehreren hundert Teilnehmern statt.

- Zahlreiche Verbindungen des ÖCV wurden vom Entschädigungsfonds der Republik Ös-terreich ausdrücklich als „Opfer des Nationalsozialismus“ anerkannt.