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Dr. Walter Krajnc

Dr. Walter Krajnc

Urverbindung: Vindelicia (16.11.1934)

Geboren: 22.02.1916, Steinach am Brenner (Bezirk Innsbruck-Land, Tirol)
Gestorben: 29.07.1944, in der Nähe von Avignon (Frankreich) erschossen
NS-Opfer
Politische Haft: 1944 in Avignon

Lebenslauf:

Krajnc wurde posthum als Sohn des Gymnasiallehrers Eduard Krajnc (Vi) geboren, der bereits Ende Oktober 1915 am Pordoijoch (Tiroler Front) gefallen war. Krajnc besuchte in Hall in Tirol die Volksschule und anschließend ab 1926 das dortige renommierte Franziskanergymnasium, wo er der Marianischen Kongregation beitrat. Nach der Matura im Jahr 1934 begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck (Dr. iur. 1938), wo er der Vindelicia beitrat (Couleurname Fulk wie sein Vater).

Nach dem Anschluß schloß sich Krajnc der Widerstandsgruppe „Kampfgruppe Tirol“ an. Als er nach dem Studium die Gerichtspraxis absolvieren wollte, wurde ihm das jedoch verweigert, weil er „für den NS-Staat untragbar“ sei. Daher arbeitete er als Wirtschaftsprüfer in verschiedenen Betrieben in Wien, Prag, Warschau und Gdingen, das damals Gotenhafen hieß (nunmehr Gdynia, Polen), wo er bei diesen Gelegenheiten Tschechisch und Polnisch lernte.

Im Dezember 1940 wurde Krajnc als Funker nach Kolin bei Prag – wo 1758 die Österreicher Preußen besiegten – zur Deutschen Wehrmacht einberufen und wurde in der Folge im besetzten Frankreich eingesetzt, zuletzt in Avignon. Er blieb bewußt einfacher Soldat, weil er jede Verantwortung für den Krieg ablehnte. Ende 1942 kam er in Kontakt mit der französischen Widerstandsbewegung – er soll sich sogar mit einer Französin verlobt haben – und erfuhr von Geiselerschießungen, aus deren Ablehnung er keinen Hehl machte. Daraufhin wurde er selber zu einem Erschießungskommando eingeteilt, woraufhin er sich weigerte und am 12. Juli 1944 verhaftet wurde. Bei dieser Gelegenheit verletzt er sich mit einer Rasierklinge an der Pulsader. In dem folgenden Kriegsgerichtsverfahren wurde er der Zusammenarbeit mit der französischen Résistance angeklagt. Er lehnte die Preisgabe seiner Kontaktleute ab und wurde am 28. Juli zum Tode durch Erschießen verurteilt.

In seinem letzten Brief vom 28. Juli schrieb Krajnc: „Es ist dies wohl der letzte Brief, den ich an Euch schreibe. Ich hatte heute Verhandlung, das Ergebnis entsprach meinen Erwartungen. In kurzer Zeit werde ich vor dem Richterstuhl des Ewigen stehen. […] Euch bitte ich von Herzen, Euch nicht der Verzweiflung hinzugeben […], sondern Euch dem Willen Gottes zu beugen, der es so am besten gefügt. […] Die paar Jahre des Erdenlebens, was zählen sie? Und nun meine Lieben, lebt alle wohl. Wenn es Euch ein Trost sein kann, so wißt, daß keine Spur von Todesangst in mir ist. Ich sehe hierin eine große Gnade Gottes. Ich habe heute die heiligen Sakramente empfangen, und jetzt ist mir so leicht und frei, als ginge es auf eine Ferienreise. Lebt wohl, lebte alle wohl, ich rufe Euch zu: Auf Wiedersehen!“

Anläßlich einer Gedenkfeier am Grabe von Krajnc im Jahr 1958, an der auch der damalige österreichische Botschafter in Paris teilnahm, schrieb eine französische Zeitung: „Er hätte sein Leben retten können, wenn er die Namen und Adressen mehrere Kameraden in der Widerstandsbewegung angegeben hätte. Er opferte aber lieber sein Leben, als die edle Sache zu verraten.“

Dieser Hinweis sowie auch andere Umstände lassen den begründeten Schluß zu, daß Krajnc nicht wegen der Exekutionsverweigerung zum Tode verurteilt wurde. Denn ein solcher Fall – abgesehen von Auflösungserscheinungen gegen Kriegsende – ist in der Wehrmacht nicht bekannt. Er wurde offenbar wegen seiner Kontakte zur französischen Widerstandsbewegung hingerichtet.

Krajnc, der ein ausgezeichneter Cellist war, wurde in der Nähe von Avignon erschossen. Er fiel unter den Kugeln mit dem Ruf: „Es lebe Österreich, es lebe die Freiheit!“ Da er in „Unehre“ verstorben ist, durfte für ihn keine Trauerfeier bzw. Requiem abgehalten werden. Er wurde auf dem Friedhof Les Angles bei Avignon begraben.

Am 26. Oktober 1978 erhielt Krajnc posthum das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs. In Hall in Tirol ist eine Straße nach ihm benannt. Im dortigen Franziskanergymnasium wird auf einer Gedenktafel jener sechs Absolventen erinnert, die direkte und indirekte Opfer des NS-Regimes waren. Unter den direkten Opfern befindet sich neben Krajnc auch Franz Reinisch (Le), unter den indirekten Josef Anton Geiger (Vi).

Quellen und Literatur:

Zeugen des Widerstands. Eine Dokumentation über die Opfer des Nationalsozialismus in Nord-, Ost- und Südtirol von 1938 bis 1945. Bearbeitet von Johann Holzner, Anton Pinsker, Johann Reiter und Helmut Tschol. Innsbruck 1977, S. 45f.
Hundert (100) Jahre A. V. Vindelicia. Festschrift im Auftrag des Philisterverbands Vindeliciae herausgegeben von Paul Torggler, Sebastian Posch und Fritz Thöni. Innsbruck 2001, S. 85 und 143.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 180f.