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GR P. Dr. Eberhard Josef Kusin , OFM Cap

GR P. Dr. Eberhard Josef Kusin , OFM Cap

Urverbindung: Rugia (02.05.1962)

Bandverbindungen: Aa, A-P, NdW, Dan, Kb, Merc, Am, Walth, Rd, NbW, BbW, F-B, AW, Cl, M-D, Ne, Rt-D

Geboren: 04.03.1915, Witkowitz (Vítkovice, nunmehr Stadtteil von Mährisch-Ostrau, heute Ostrava, Nordmähren)
Gestorben: 04.10.1986, Wien
Ordenspriester, Kustos der Wiener Kapuzinergruft, WCV-Seelsorger, Träger des ÖCV-Ehrenringes und des Bandes „In vestigiis Wollek“
Politische Haft: 1943/44 KZ Theresienstadt, 1944/45 KZ Dachau

Lebenslauf:

Kusin wurde auf den Namen Josef getauft. Die Familie zog nach dem Ersten Weltkrieg in die Steiermark, wo er in Leibnitz die Volks- und die Bürgerschule besuchte. 1936 absolvierte er das Akademische Gymnasium in Graz. Danach trat er 1936 in den Kapuziner-Orden ein, nahm den Ordensnamen Eberhard ein und begann das Studium an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt der Kapuziner in Scheibbs (Niederösterreich).

1939 wurde Kusin von der Gestapo von Scheibbs nach Wien ausgewiesen, weil er die Reichsangehörigkeit nicht annehmen wollte, und aufgrund eines Aufenthaltsverbots für das Reichsgebiet am 1. Mai 1940 von dort nach Prag (Kapuzinerkloster Loreto am Hradschin), wo er am 1. Juli 1941 die Priesterweihe erhielt. Am 28. März 1943 wurde er wegen „Gegnerschaft zum NS-Staat“ verhaftet und kam zuerst ins Polizeigefängnis Sasmuk (Zasmuky). Dann wurde er am 20. Oktober 1943 in das KZ Theresienstadt eingewiesen, von dort kam er am 8. Januar 1944 ins KZ Dachau (Häftlingsnummer 61277). Dort erlebte er am 17. Dezember 1944 die geheime Priesterweihe des später selig gesprochenen Karl Leisner mit. Aus dem Evakuierungsmarsch beim Herannahen der US-Army konnte er am 29. April 1945 entweichen.

Nach dem Krieg wurde Kusin zu den Kapuzinern nach Wien versetzt, wo er neben der Seelsorge mit dem Studium der Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien begann (Dr. phil. 1951). Danach unterrichtete er Kirchengeschichte bis zu deren Auflösung an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt in Scheibbs. 1958 wurde er zum stellvertretenden Guardian des Kapuzinerklosters in Wien, Neuer Markt, und zum Kustos der Wiener Kapuzinergruft berufen, deren Rettung von der Zinnpest sein Verdienst war. Wenig bekannt ist, daß er im März 1963 auf dem Hütteldorfer Friedhof die Einsegnung von Elisabeth Petznek vornahm, der Tochter von Kronprinz Rudolf, die später den sozialdemokratischen Politiker Leopold Petznek heiratete und deshalb auch als „rote Erzherzogin“ bezeichnet wurde.

Ende der fünfziger Jahre wurde Kusin auch in der Wiener Studentenseelsorge eingesetzt, so vor allem im Heim der Akademikerhilfe in der Pfeilgasse. So kam er in Kontakt mit dem CV und trat 1962 der Rugia bei (Couleurname Kleiner Bauner). In der Folge war er mehr als 20 Jahre bis zu seinem Tod allseits beliebter und unvergessener Seelsorger des Wiener CV, dessen Lebensinhalt neben dem Orden für ihn war. Davon zeugt auch der Umstand, daß er zusätzlich noch weitere 17 Bänder verliehen bekommen hatte, so daß er insgesamt 18 CV-Bänder trug, davon 16 von Wiener Verbindungen. Außerdem war er Ehrenphilister der MKV-Verbindungen Bavaria Wien und Jung-Dietrich Wien sowie Ehrenmitglied der ÖKV-Verbindung Erzherzog Karl Wien. Darüber hinaus war er noch bei einigen Verbindungen Verbindungsseelsorger.

Kusin erhielt den Ehrenring des ÖCV sowie am Nationalfeiertag des Jahres 1985 das Band „In vestigiis Wollek“. Die Laudatio dort hielt der jahrzehntelang wirkende ÖCV-Sekretär Karl Lager (Nc). In der hieß es u. a.: „Pater Kusin war ein priesterlicher, väterlicher Freund für Jung und Alt, ungezählte Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse, Tausende Beichten – er kann es selbst nicht abschätzen – , er hatte die Verantwortung für die seelsorgliche Betreuung des gesamten Wiener Verbandes und vieler Korporationen. Er führte zahllose offizielle und ganz private Gespräche, organisierte Seminare, hielt Vorträge und führte die WCV-Messen ein, immer von einer Korporation gestaltet.“

Kusin starb ein kappes Jahr nach der Wollek-Band-Verleihung. In der Parte des Kapuzinerkonvents zu seinem Tod stand: „Am Fest des hl. Franz von Assisi, dem 4. Oktober, ist er zum ewigen Leben erwacht.“ In der offiziellen Parte des ÖCV hieß es: „Wer immer ihn je erleben durfte, der war von seiner Persönlichkeit, von seinem Herzen her berührt. Es wird wohl auch nicht viele ÖCVer geben, die so durch und durch, mit Leib und Seele von unseren Prinzipien durchdrungen und damit eine Vorbildwirkung für ihre Cartellbrüder erreichen konnten. Ein Vorbild insbesondere für Generationen von Fuchsen, die ihn im Rahmen der Studienwochen des Verbandes in seiner ganzen Vitalität und seinem großartigen Engagement erleben durften.“

Gerhard Schultes (Rd), in den siebziger Jahren ÖCV-Seelsorger, schrieb zu seinem Gedenken in der „Academia“: „Für uns CVer wurde er so etwas wie eine Legende – ein Leben, um das sich viele köstliche Geschichten ranken, das aber im Grunde von der Erfahrung der Liebe Gottes geprägt war und uns daher so reich beschenken konnte.“

Kusin wurde in der Unterkirche der den Kapuzinern inkorporierte Pfarrkirche Gatterhölzl im 12. Wiener Gemeindebezirk beigesetzt. Ursprünglich wurden alle seine Bänder an der Grabplatte befestigt, sind aber nun nicht mehr vorhanden.

Werke:

Menschen im Leiden des Herrn (1948).
Die Kaisergruft bei den PP. Kapuzinern in Wien (1949).

Quellen und Literatur:

Hehl, Ulrich von: Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische und statistische Erhebung. Im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz unter Mitwirkung der Diözesanarchive bearbeitet (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe A: Quellen, Band 37). Mainz 1984, Sp. 1560.
Offizielle Parte des ÖCV (1986).
Österreichische Academia 37 (1986), Heft 5, S. 5.
Hartmann, Gerhard (Baj): Der CV in Österreich. Seine Entstehung, seine Geschichte, seine Bedeutung. Kevelaer 4. Aufl. 2011, S. 281.
Academia intern, 1/2011, S. 4.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 397f.
Schindler, Eugen (NdW): 100 Jahre Kleiner Brauner, in: 105er – Zeitschrift des WCV, Jg. 2014/15, Ausgabe 3, S. 14–16.