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em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Mantl

em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Mantl

Urverbindung: Norica (07.11.1957)

Bandverbindungen: Cl, Trn, BbG, ErG

Geboren: 18.03.1939, Wien
Gestorben: 29.07.2022, Graz
Universitätsprofessor (Politikwissenschaften und Verfassungsrecht), ÖCV-Amtsträger (Bildungsfragen)

Lebenslauf:

AUSBILDUNG UND BERUFSLAUFBAHN

Mantl wurde als Sohn eines niederösterreichischen Landesbeamten und späteren wirkl. Hofrats geboren und wuchs in Wien-Fünfhaus auf, wo er die Volksschule bei den Schulbrüdern besuchte. Danach absolvierte er das Gymnasium in Wien-Hietzing (Fichtnergasse), wo er 1957 mit Auszeichnung maturierte. Anschließend begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. November 1961), wo er der Norica beitrat (Couleurname Mantis). Im Wintersemester 1961/62 war er deren Senior. Studienaufenthalte führten ihn nach Cambridge, Den Haag, Dijon, Exeter und Grenoble.

Mit 1. März 1962 trat Mantl eine Stelle als Assistent am Institut für Öffentliches Recht an der damaligen Hochschule für Welthandel Wien (nunmehr Wirtschaftsuniversität) an. Als deren Vorstand Gustav E. Kafka an die Universität Graz berufen wurde, ging er mit ihm mit und wurde dort mit 1. Oktober 1965 Oberassistent am Institut für Öffentliches Recht. Im Januar 1975 habilitierte er sich für Allgemeine Staatslehre, Politikwissenschaft und Österreichisches Verfassungsrecht. In der Endphase dieses Verfahrens starb sein Habilitationsvater Kafka (Anfang 1974). Dessen Nachfolger wurde Ludwig Adamovich (AIn EM), der spätere Präsident des Verfassungsgerichtshofes.

Mantl wurde mit 4. April 1977 zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt, mit 1. Mai 1979 erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Universitätsprofessor für Politikwissenschaften und Verfassungsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz. Gleichzeitig wurde er Leiter der Abteilung für Politikwissenschaften sowie Allgemeine Staats- und Verfassungslehre. Von 1990 bis 1994 war er Vorstand des Instituts für Öffentliches Recht, Politikwissenschaften und Verwaltungslehre, danach war er Institutsvorstandsstellvertreter. 2007 wurde er emeritiert.

SEINE BEDEUTUNG ALS WISSENSCHAFTLER

Mantls Schwerpunkte in der Forschung und der Lehre waren insbesondere die Bereiche Demokratie, Modernisierung, Universitäts- und Staatsreform, die durch die Themen Europäische Integration, Parteienlehre, Verwaltungspolitologie, politische Bildung, Sprache und Politik, Religion und Politik ergänzt wurden. Seine politikwissenschaftliche Fachausrichtung war sehr stark von der Allgemeinen Staatslehre und dem Verfassungsrecht geprägt. In diesen Bereichen hatte er zahlreiche Arbeiten als Monographien und Beiträge veröffentlicht sowie Sammelwerke herausgegeben. Er war ein brillanter Formulierer sowie kreativer Denker und verstand sich auch als katholischer Wissenschaftler, was er als Mitherausgeber – u. a. mit Alfred Klose (Nc) – der 2. Auflage des „Katholischen Soziallexikons“ dokumentiert hatte. In diesem Zusammenhang steht auch seine Funktion als erster Obmannstellvertreter des Dr. Karl Kummer-Institutes für Sozialpolitik und Sozialreform in Graz von 1978 bis 1986, benannt nach Karl Kummer (Aa).

In den Jahren 1979 bis 1990 arbeitete Mantl an der Reform der steiermärkischen Landesverfassung entscheidend mit, die u. a. 1982 zur Errichtung eines Landesrechnungshofes führte. Zu dieser Zeit war Josef Krainer jr. (AIn EM) Landeshauptmann. Von 1982 bis 1985 war er Beauftragter der Rechtswissenschaftlichen Fakultät für das 400-Jahr-Jubiläum der Grazer Universität. Von 1991 bis 1998 war er Vorsitzender der Expertenkommission „Alpen-Adria“ beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung. Seit 1993 war er korrespondierendes, ab 1999 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wo er auch unterschiedliche Funktionen ausübte. Seit 1993 war er auch Mitglied der Österreichischen UNESCO-Kommission und des Rates für Wissenschaft und Forschung in Wien. 1987/88 war er wissenschaftlicher Leiter des von Alois Mock (Nc) einberufenen „Gesellschaftspolitischen Forums“ der ÖVP in Wien.

Im Dezember 2003 wurde Mantl zum Vorsitzenden des Österreichischen Wissenschaftsrates gewählt, einem zwölfköpfigen Gremium, welches die Bundesregierung ind Wissenschaftsfragen berät. Seit 1981 ist er zusammen mit u. a. Manfried Welan (F-B) Herausgeber der wissenschaftlichen Buchreihe „Studien zu Politik und Verwaltung“ (Böhlau Verlag). Von 1992 bis 2001 war er Obmann des Vereins „Josef Krainer–Steirisches Gedenkwerk“, von 1994 bis 1998 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Josef-Krainer-Akademie Graz. Darüber hinaus war er Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und Institutionen.

MANTL UND DER ÖCV

Mantl engagierte sich auch bei der Norica. Neben seinem erwähnten Seniorat war er dort Leiter des Künstlerischen Arbeitskreises und Bildungsreferent. An Chargenfunktionen übte er die eines Schriftführers und eines Vorortsschriftführers aus. Von 1962 bis 1965 war er WCV-Bildungsreferent.

Ab 1970/71 war Mantl beim Aufbau und der Entwicklung der ÖCV-Bildungsakademie beteiligt und als Experte für Politik ab 1971 Mitglied von dessen Studienausschuß. In dieser Funktion entwickelte er an entscheidender Stelle die Programmatik der Bildungsakademie und deren Seminarangebots mit. Als der erste Leiter Maximilian Liebmann (Cl) 1974 zurücktrat, wurde Mantl zu dessen Nachfolger gewählt. In seiner nur zweijährigen Amtszeit verbesserte er das Programmangebot durch qualitativ hochwertige und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen. Desgleichen initiierte er erstmalig ein Skriptum zur CV-Geschichte für die Studienwochen.

1976 trat Mantl von diesem Amt zurück, sein Nachfolger als dritter Leiter der ÖCV-Bildungsakademie wurde Gerhard Hartmann (Baj). Mantl blieb dann bis 1979 Mitglied des Studienausschusses und war weiterhin als Vortragender oder Festredner im ÖCV gerne gesehen. Er war auch Ehrenphilister der Grazer MKV-Verbindungen Markomannia-Eppenstein und Normannia sowie Ehrenmitglied der Grazer KV-Korporation Winfridia Graz.

Mantl hatte vier Kinder, u. a. Leopold Mantl (Trn) und den Wiener LAbg. Josef Mantl (Trn). Einer seiner Schüler war Joseph Marko (Cl). Er starb fast genau ein halbes Jahr nach dem ersten Leiter der Bildungsakademie Maximilian Liebmann. Beim Requiem am 10. August im Grazer Dom predigte der ehemalige Bischof von Graz-Seckau Egon Kapellari (Ca EM), zum Schluß sprachen noch u. a. der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Martin Polaschek, der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler, der Alt-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (Cl EM) und der Vorsitzende des Altherrenlandesbundes Steiermark des ÖCV Christian Krainer (Cl). Im Anschluß daran wurde Mantl auf dem Friedhof Graz-St. Leonhard beigesetzt.

Die „Kleine Zeitung“, deren Herausgeber Mantl eine Zeitlang war, würdigte ihn: „Er galt als einer der bedeutendsten Verfassungs- und Politikwissenschaftler Österreichs, als christlich inspirierter, liberaler und weltoffener Intellektueller mit barocker Attitüde.“

Werke:

(Auswahl)
Der österreichische Parteienstaat (1969).
Repräsentation und Identität. Demokratie im Konflikt (1975).
Katholisches Soziallexikon (Hg.) (2. Aufl. 1980).
Verfassungspolitik. Dokumentation Steiermark (Hg.) (1985).
Nachdenken über Politik. Jenseits des Alltags und diesseits der Utopie (Hg.) (1985).
Wien um 1900. Aufbruch in die Moderne (Hg.) (1986).
Die neue Architektur Europas. Reflexionen in einer bedrohten Welt (Hg.) (1991)
Effizienz der Gesetzesproduktion. Deregulierung im internationalen Vergleich (Hg.) (1995).
Die Landeshauptleute der Steiermark (Hg.) (2000).

Quellen und Literatur:

Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 5. 8. 2022).
Verbindungsarchiv Norica (Georg Schmitz 29. 7. 2022, zwei Lebensläufe Mantls).