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Fürsterzbischof Dr. Anton Joseph Kardinal Gruscha

Fürsterzbischof Dr. Anton Joseph Kardinal Gruscha

Ehrenmitgliedschaften: Austria-Wien

Geboren: 03.11.1820, Wien
Gestorben: 05.08.1911, Kranichberg (Gemeinde Kirchberg am Wechsel, Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich)
Fürsterzbischof von Wien, Apostolischer Feldvikar, Mitglied des Herrenhauses, Landtagsabgeordneter (Niederösterreich), Universitätsprofessor (Pastoraltheologie)

Lebenslauf:

Gruscha wurde als Sohn eines aus Böhmen stammend Schneidermeisters tschechischer Abkunft (Gruša) geboren. Nach dem Besuch des Akademischen Gymnasiums und des Philosophischen Vrobereitungskurse in Wien trat er 1838 ins Wiener Priesterseminar ein und begann das Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien (Dr. theol. 1849). Nach der Priesterweihe am 4. Mai 1843 war er in der Seelsorge tätig und geriet 1848 in die Wirren des Revolutionsjahres, wo er auf seiten der Freiheitsbewegung bzw. der Nationalgarde stand.

1851 wurde Gruscha Religionsprofessor am Theresianum in Wien. In dieser Zeit kam er in Kontakt mit der Idee der Gesellenvereine Adolf Kolpings und gründete am 31. Mai 1852 einen solchen in Wien, deren erster Präses er war. Dadurch kam er mit der Sozialen Frage in nähere Berührung. Am 10. November 1855 wurde er zum Domprediger zu St. Stephan berufen. 1863 wurde Gruscha zum o. Universitätsprofessor für Pastoraltheologie an der Universität Wien ernannt und war im Studienjahr 1866/67 Dekan der Theologischen Fakultät. 1871 wurde er ins Wiener Domkapitel berufen.

Am 19. Januar 1878 wurde Gruscha von Kaiser Franz Joseph I. zum Apostolischen Feldvikar ernannt. Die Ernennung zum Titularbischof von Carrhae erfolgte am 28. März 1878, die Bischofsweihe am 28. April. Er war damit der oberste Seelsorger mit Jurisdiktionsvollmacht für die Angehörigen der k. u. k. Armee und Marine sowie für die k. k. Landwehr und den k. ungar. Honvéd und deren Familienmitglieder. Die Ernennung dürfte auf den Einfluß der Kaiserinmutter zurückzuführen gewesen sein. Für die Niederlage von 1866 machte man u. a. eine mangelnde Seelsorge verantwortlich, was nun Gruscha ändern sollte.

Bereits 1881 wäre Gruscha nach dem Tod von Rudolph Joseph Kardinal Kutschker (AW EM) vom Kaiser als Fürsterzbischof von Wien vorgesehen gewesen, doch er lehnte ab. An seiner Stelle wurde Joseph Cölestin Kardinal Ganglbauer (AW EM) ernannt. Nach dessen Tod wurde Gruscha nun doch am 24. Januar 1890 von Kaiser Franz Joseph zum Fürsterzbischof von Wien ernannt, am 23. Juni folgte die päpstliche Bestätigung. Am 1. Juni 1891 wurde er zum Kardinal kreiert. Bei der Inthronisation chargierte die Norica. „Unsere Wichschargierten erregten lebhaftes Aufsehen und wurden auch von dem inthronisierten Oberhirten bei seinem Zuge durch den Dom wohlgefällig bemerkt.“ (Academia)

Als Fürsterzbischof von Wien wurde Gruscha am 17. Juli 1890 zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt. Ebenso war er ab 6. Juli 1890 als Virilist niederösterreichischer Landtagsabgeordneter. Als Bischof legte Gruscha sich den zusätzlichen Namen Joseph zu. Nach dem Tod des Prager Fürsterzbischofs Friedrich Graf Kardinal Schönborn im Jahr 1899 wurde Gruscha Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz.

Gruscha gehörte als junger Priester zu den Vorkämpfern einer kirchlichen Erneuerung und stand der Lösung der Sozialen Frage im Sinne von Karl Frhr. von Vogelsang (AW EM) positiv gegenüber. Er unterstütze daher die Katholisch-Konservativen und kämpfte gegen den politischen Liberalismus. Auch war er ein Förderer des katholischen Vereinswesens.

In seiner Amtszeit kam es zum Aufstieg der Christlichsozialen Bewegung, verbunden mit dem Konflikt mit den Katholisch-Konservativen. Anfänglich stand er den Christlichsozialen distanziert gegenüber, doch nach der Zuspitzung und der ersten Lösung des Konflikts 1895 trat er ab 1896 offen für die Christlichsozialen ein. Innerkirchlich stand er aber auf der Seite der Integralisten sowie Antimodernisten und war gegen den Reformkatholizismus. Kritisch stand er auch dem Kirchenhistoriker Albert Ehrhard (AW EM) gegenüber.

In seinen letzten Lebensjahren wurde Gruscha taub und blind, so daß er schließlich völlig leitungsunfähig war. Am 1. Januar 1910 wurde ihm mit Franz Xaver Kardinal Nagl (Aa EM) ein Koadjutor beigegeben. Gruscha wurde in der Bischofsgruft des Stephansdoms beigesetzt. Ein Platz im 14. Wiener Gemeindebezirk wurde nach ihm benannt.

Quellen und Literatur:

Academia 3 (1890/91), S. 72.
Posch, Otto: Anton Josef Gruscha und der österreichische Katholizismus 1820–1911. Wien phil. Diss. 1947.
Bischof, Ferdinand: Kardinal Gruscha und die soziale Frage. Wien rer. pol. Diss. 1959.
Liebmann, Maximilian (Cl): Anton Joseph Gruscha, in: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon. Hg. von Erwin Gatz. Berlin 1983, S. 269–272.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Gruscha.shtml(abgerufen am 07.07.2022)